Reise ABC Kanada 2006

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Anreise ... Tja, das saß ich nun zu Hause, mit Hunger auf viel Fahrrad und drei Monaten Zeit vor mir. Mal schauen ... aha: LTU fliegt heuer u.a. nach Vancouver und Toronto. Bingo! Also stand ich irgendwann gegen Mittag in diesem niedlichen Stadtchen am Pazifik, blinzelte verwirrt in den knallheißen Tag hinein und machte mir mit grummelnden Magen klar, dass nun tatsächlich ein ziemliches Stück Weg zwischen mir und dem heimeligen Lesesesessel liegt ..

 

Badlands ... Nordöstlich von Calgaray liegt ne herrlich bizarre Gegend mit der Stadt Drumheller als Zentrum. Für mich stand die Landschaft im Vordergrund, aber die Stadt protzt auch gerne mit den reichlichen Dinosaurier-Funden und hat, den Geschmacksverirrungen des großen Nachbarn im Süden folgend, einen 34 m hohen Tyrannosaurus in die Stadtmitte gebastelt. Hinfahren lohnt sich aber trotzdem!

 

Berge ... Sollte man sich vernünftigerweise erst nach einer satten Einfahrzeit in den Weg legen. Pustekuchen! Nach zwei Tagen gemütlichem (aber müdem) Einfahren am Frazer River kam gleich der erste Hammer in Form des Allison - Passes, satte 1.342 Meter hoch. Auch danach zeigte mir British Columbia, wo der Hammer hängt - nämlich ziemlich weit oben, und ab und zu ging's auch heftig runter. So richtig austoben durfte ich mich dann auf der Strecke zwischen Jasper und Banff; danach kam eigentlich nur noch ein kleiner Nachbrenner um Drumheller herum. Ich muss gestehen, dass die nächsten rund 2.000 KM bis Winnipeg, so flach wie sie waren, mir nach diesem heftigen Einstieg wie ein Radlerparadies vorkamen. Ontario schließlich hatte dann wieder ein paar Hausaufgaben mehr zu bieten, rund um die großen Seen tummeln sich durchaus einige markante Landschaftsmerkmale; ist doch klar: Wenn der Teich schon so groß ist, dass man die Schweiz reintunken kann, dann darf man von den Felsenwächtern am Rand schließlich auch ein entsprechendes Erscheinungsbild erwarten ...

 

Campingplätze ... Sind zwar so reichlich vorhanden, dass selbst ich fauler Knabe fast jeden Tag einen erreicht habe, aber meist weit von der üblichen europäischen Vollversorgung entfernt. In der Basisversion wird da gerne über die Sehnsüchte eines verschwitzten Radlers hinweg gesehen, es gibt Trinkwasser und ein Plumpsklo - Feierabend! Das trifft übrigens häufig auf die in den Landkarten verzeichneten Plätzen ein, denn dabei handelt es sich um die "offiziellen", vom Staat betriebenen Campgrounds (Ist auch in Kanada nicht anders: Regierungen pflegen in der Regel einen Riesenaufwand zu betreiben, um ein äußerst minimalistisches Ergebnis zu präsentieren). Wer sich also den Luxus einer Dusche gönnen will, steuert besser die privaten Plätze an, von denen gibt's allerdings auch genügend.

 

Emails nach Hause  ... Wer's mal sehen möchte, HIER gibts eine Zusammenfassung meiner "Life" Berichte an die Freunde zu Hause. Macht Spass am Ruhetag und lässt die daheim gebliebenen ein bisserl mitradeln.

 

Englisch ... Ja, klingt so ähnlich, was die da von sich geben. Wer nun meint, die US-Amerikaner hätten einen heftigen Slang drauf, kann sich in Kanada davon überzeugen, dass es noch eine Steigerung gibt. Allerdings treiben es die Kollegen im Westen noch bunter als die östlichen Zeitgenossen  - oder ich hab mich im Laufe der Zeit ein bisserl dran gewöhnt ...

 

Entfernungen ... Also die zwischen den einzelnen Versorgungseinrichtungen. Nun, wer in Kanada auf dem Rad keinen Bock auf dreistellige KM-Zahlen hat, wird an manchen Tagen vom mühsam mitgeschleppten Proviant leben müssen, und das auch noch Abends, irgendwo im Wald oder auf dem Feld. Auf jeden Fall muss man darauf eingestellt sein, tagsüber von der Hand in ... äh ... die Lenkertasche zu leben.

 

Fahrrad - Highlights ... Mhm, das ist nicht so ganz einfach darzustellen. Bei so nem langen Schlauch gibt's natürlich immer wieder Etappen, die nicht ganz so lieblich sind, auf der anderen Seite - je länger ich unterwegs war, desto entzückter war ich von allem, was sich um mich herum abspielte. Bescheuert, aber Tatsache. OK, betrachten wir mal die einzelnen Staaten ...

British Columbia:   

Die Strecke zwischen Princeton und Kamloops und Mount Robson Nationalpark

Alberta:   

Natürlich Icefield Parkway, dann die Gegend um Drumheller (Badlands)

Saskatchewan:   

Prince Albert bis Flin Flon

Manitoba:   

Flin Flon bis The Pas, Riding Mountain National Park, Whiteshell Provinzial Park

Ontario:   

Nord- und Ostufer Lake Superior, Manitoulin Island

 

Fahrradwege ... Tja, der Radfahrer, das in Kanada unbekannte Wesen. Aber punktuell gibt's schon ein paar Bemühungen, dem Zweirad-Liebhaber das Überleben zu erleichtern. In Vancouver serviert man einige gute ausgebaute Wege (vor allen Dingen im herrlichen Stanley Park), und gerade im Großraum Niagara / Toronto hat man sich ordentlich angestrengt. Na gut ... dazwischen (also fast die gesamte Tour) darf man dann "Ritter der Landstraße" spielen ...

 

Fast Food ... Außer in den auch hierzulande bekannten Ketten darf man sich bei den kanadischen Sonderentwicklungen "A&W" (da gab's wenigstens Bacon und Eggs zum Frühstück) und dem kuchenlastigen "Tim Hortons" (hmm, danach wurde ich irgendwann regelrecht süchtig)) die Wampe voll schlagen.

 

Geschäfte am Sonntag ... Nun steppt ja bekanntermaßen rein touristenmässig vorwiegend im Westen der Bär, entsprechend haben da alle Geschäfte nahezu rund um die Uhr geöffnet. In Gegenden, wo eher an die Einwohner als an Reisende verkauft wird, halten zwar die Supermärkte auch Sonntags ihre Pforten offen (übrigens, entgegen einem weit verbreiteten Gerücht, auch die Liquor Stores), aber Bücher- und Fahrradläden z.B. glänzen an diesen Tagen mehrheitlich doch nur mit ihren Auslagen.

 

Große Seen ... Respektable Gelegenheit zur einer zweimonatigen Rundfahrt. Die Illusion, am Meer entlangzufahren, ist perfekt. Landschaftlich wunderschön, sofern man es schafft, die ca. 10.000 Trucks, die während einer solchen Reise an einen vorbeidonnern, zu ignorieren (Hauptsache, DIE tun es nicht ...)

 

Hotels ... Ab und zu mangels Campingplatz wiederwillig angenommen. Liegen meist direkt an der Durchgangsstraße, rauchen verboten, und Klimaanlage dröhnt dir die Ohren voll.

 

Icefield Parkway ... Gigantisch, ein Traum, schönste Straße der Welt ... äh, wenn man Berge mag. Es ist so gerade noch akzeptabel, mit dem Rad diese 300 KM in 4 Tagen zu durchfahren; eigentlich ist es schon zu schnell. An jeder Ecke, jedem Parkplatz bieten sich neue Eindrücke an, die Sinne vollzustopfen, dazu kommen noch die Umgebungen der Städte Jasper, Lake Louise und Banff. Im Rahmen eines "normalen" Urlaubes ist es sicher keine schlechte Idee, sich nur auf diesen Teil der Rocky Mountains zu beschränken.

 

Menschen ... Tja, was soll man von Leuten denken, die einen mit "Howdie" begrüßen. Sind jedenfalls noch richtig gut geerdet, freundlich - und fasziniert, wenn man erzählt, dass man mit diesem langsamen Vehikel ihr schönes Ländle durchfährt. Aber ... McDonalds & Co. fordern auch hier ihren Tribut, hab fürchterlich viele fette Typen gesehen.

 

Mücken ... Och, war garnicht so schlimm diesmal. Durch den trockenen Sommer haben die jungen Quälgeister wohl häufig keine Lust aufs Erwachsenwerden gehabt. Naja, immerhin waren noch genug übrig, um meiner unbedeckten Haut im Laufe der Zeit ein interessantes Muster zu verleihen, sagen wir mal; Südskandinavischer Standard.

 

Orientierung ... Alle paar Tage mal auf die Karte gucken reicht eigentlich. 7.000 KM und 5 Karten im ungefähren Maßstab 1 : 1.000.000 sprechen eine deutliche Sprache, ne?

 

Preise ... Schönes Land, aber kein Sonderangebot. Vielleicht liegt's ja auch an meiner luxuriösen Veranlagung, aber die Reise hat ein größeres Loch in meine Haushaltskasse gerissen, als geplant. Problematisch ist natürlich, dass die Plätze auf dem Campgrounds absolut berechnet werden, d. h., ich musste genauso viel berappen wie eine fünfköpfige Familie im Wohnmobil. Naja, und wenn man jeden Morgen bemüht ist, nen Haufen Eier und Schinken in sich hinein zu schaufeln ...

 

Reisezeit ... Drei Monate, 5. Juli bis 3. Oktober.  Es war natürlich schon ein bisserl deppert, im sowieso schon stark frequentierten Westen in der Hauptreisezeit rumzugurken, ging aber nicht anders, sonst wäre es zu spät geworden. Obwohl, so übel war's eigentlich auch wieder nicht, auf den Campgrounds war immer noch Platz und kanadische Sehenswürdigkeiten sind so groß, dass man sich nirgendwo wirklich lange anstellen muss.

 

Routenbeschreibung ...  Wie ein Kamelrücken, von der Seite gesehen. Also: Von Vancouver aus ein bisserl den Frazer River entlang, nach Überwindung des ersten Passes immer weiter Richtung Norden zum Mount Robson Park. Dann auf dem Icefield Parkway wieder Richtung Süden, unter Vermeidung von Calgary Schwenk auf den langen Marsch Richtung Osten. Nach rund 800 KM Weizenfelder zur Seite wegen der  Abwechslung über Prince Albert nach Flin Flon, um dann in Manitoba wieder ziemlich lange zuschauen, wie der Kompass auf das große "S" zeigt. Rüber nach Winnipeg (erwähnte ich schon, dass man diese Stadt besser großräumig umfahren sollte?), um schließlich in Ontario einzufallen. Naja, was heißt schließlich, jetzt folgt immerhin noch ein ganzes Drittel der Reise. (Wir sind jetzt quasi am Schwanz des Kamels angelangt - womit ich keineswegs andeuten will, dass Ontario am A... ist) Tja, nun irgendwie so lange am Ufer der großen Seen entlangradeln, bis Toronto in Sicht kommt (mit nem kleinen Abstecher zu nem recht bekannten Wasserfall in der Gegend). Hier geht's zur Karte

 

Tiere ... Während mein damaliger Ritt auf dem Alaska Highway schon fast nem Zoobesuch ähnelte, gab's diesmal eher selten Schauspieleinlagen am Straßenrand. Na gut, zwei Bärensichtungen sind auch nicht zu verachten, und dass eine davon Mutter mit drei Jungen beinhaltete, sehe ich dann doch als besondere Ehre an.

 

Toronto ... Schöne Stadt! Besonders nett fand ich, dass es dort jede Menge Fahrradwege in Sichtweite des Lake Ontario gibt, vom CN-Tower und den vorgelagerten Inseln ganz zu schweigen. 

 

Trans Canada Highway ... Vermeiden! Tatsächlich wurde mir erzählt, dass es Radler gibt, die auf diesem Weg Kanada durchqueren. Selten dämliche Idee. Landschaftlich völlig reizlos - zumindest in den westlichen Staaten ab / bis Winnipeg - und gefährlich. Man stelle sich eine deutsche Autobahn ohne Seitenstreifen vor. Na gut. In Ontario bleibt einem nix anderes mehr übrig, aber da ist der Verkehr auch nicht mehr so üppig und im Norden des Lake Superior teilt sich die Strecke. Allerdings gewöhnte ich mir dort an, sobald ein Truck entgegen kam, einen vorsichtigen Blick nach hinten zu werfen. Wenn da gleichzeitig so ein Monster herandüste: Ab an die Seite, auch wenn dort gerade die Vereinigung kanadischer Glassplitter ihre Jahreshauptversammlung feiert!

 

Trucks ... Des Radlers Alpträume. Vom Icefield Parkway sind sie verbannt, ansonsten konnte ich während der Reise sämtliche Arten dieser Monster begutachten - und sende hiermit meine ausdrückliche Anerkennung an deren Fahrer, die mich winzigen Verkehrsteilnehmer immer ausreichend beachtet haben (logo, sonst könnte ich das hier nicht mehr schreiben ....)

 

Vancouver ... Flippige Stadt am Pazifik mit ungeheurem Charme, aber leider auch sehr viel Verkehr. Apropos ...

 

Verkehr ... Hätte ruhig etwas weniger aufdringlich sein können. Na gut, wenn man die übliche "Runde" in British Columbia und den Rocky Mountains in der Ferienzeit angeht, ist man schließlich selber schuld. In der Prärie war's eigentlich ganz OK, und in Norden von Saskatchewan und Manitoba traumhaft. In Ontario dann gab's wieder massenhaft Begleitung, der Trans Canada Highway zeigte ordentlich Zähne. Richtig übel allerdings war die Tagesetappe nördlich von Thunder Bay und westlich von Sault St.Marie. Insgesamt: Kein Grund, die Reise nicht zu machen, im Gegensatz zu deutschen Landstrassen herrschte immer mal wieder köstliche, minutenlange Stille, auch auf den übelsten Strecken.

 

Versorgung ... Für Mathematiker oder Excel-Liebhaber: Wenn Geschäft > Tankstelle, alles reichlich. sonst: Kaffee und Kekse. Nun, das mit dem "sonst" ließ ich mir öfter mal am Nachmittag auch gerne gefallen, aber da es an manchen Tagen von zutraulichen Supermärkten nicht gerade wimmelte, mussten meine sowieso schon arg gequälten Taschen in ihren Tiefen grundsätzlich die Reserven für mindestens einen Tag bunkern.

 

Wetter ... Einfach fantastisch. Im Juli / August vorwiegend sonnig, selten mal ein Gewitter (aber wenn, dann krachte es ordentlich) Noch Anfang September, am Ruhetag in Kenora / Ontario, musste ich nachmittags vor der Hitze regelrecht flüchten. Eine Woche später kam allerdings der erste Nachtfrost vorbei geschlendert, verabschiedete sich aber gleich wieder und wird wohl seine Anwesenheit erst im Oktober wieder ernsthaft in Erwägung ziehen. Glück gehabt: Nach übereinstimmender Meinung der Kanadier war's wohl nicht nur die richtige Jahreszeit, sondern auch das richtige Jahr ...

 

Wind ... Sollte anständigerweise eigentlich vom Westen her wehen und mir zusätzlichen Antrieb verleihen ... eigentlich. Statt dessen erwarteten mich etliche Kampftage (möchte nur zu gern wissen, welcher blöde Schmetterling dafür verantwortlich war), also: Wer die Tour vielleicht in umgekehrter Richtung machen will: Die chaotischen Luftmassen im Landesinneren haben wohl nix dagegen.

 

Winnipeg ... Übel. Nicht die Stadt an sich, da gibt's durchaus einige schöne Parks und andere Plätze, aber der Verkehr ... Es geht schon damit los, dass man sich mit der brausenden Ringstraße anfreunden muss. Dann führt der Trans Canada Highway mitten hindurch, natürlich ohne Seitenstreifen für Radler, und auf dem Weg Richtung Osten "genießt" man dann den Weg durch eine äußerst unschöne Industrielandschaft. Tipp: Im Norden dran vorbei fahren.

 

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