11.06.2008
OK,
auf ein Neues. Vor reichlich einer Woche bin ich also Richtung Nachbarland
gestartet, als erstes auf der eigentlich sattsam bekannten Route Rhein / Mosel -
hach, ich kann mich einfach nicht satt sehen daran, immer wieder fallen neue
Sachen auf und insbesondere die Moselstrecke könnte ich noch lange jedes Jahr
fahren (kann man mal sehen, wie ich strukturiert bin, was für andere Paris, ist
für mich die Mosel)
So nach dreieinhalb Fahrtagen war dann Trier erreicht, und da hatte mir jemand
zwischendurch mal was von der schönen Strecke an der Saar geflüstert: Hey, die
geht doch auch nach Frankreich! Nun fließt die ja bei Trier in die Mosel, also
Tschüss Fluss Nr. 2, willkommen Nr. 3. Ist tatsächlich nicht übel das Teil,
allerdings wirds ab Merzig doch recht hartnäckig von ner Autobahn begleitet,
die sogar Saarbrücken mittendrin durchquert! Völlig beknackt. Aber kurz danach
kommt ja Frankreich, und da wirds dann richtig hübsch. Ich also frohgemut mein
Zelt kurz hinter der Grenze aufgeschlagen, abends nen fetten Regenguss
abgewartet, und am nächsten Tag - knack. Bäh, Zeltstange gebrochen, und das
hat dann auch gleich die Aufhängung zerfetzt, das Zelt ist reif für die Tonne!
Ausgerechnet letzten Sonntag war das, bin dann weiter bis Sarrebourg gefahren in
der Hoffnung, dort auf ein gut ausgestattetes Geschäft zu treffen. War aber
nix, und so sah ich meine einzige Chance, bald wieder komplett ausgerüstet zu
sein, in der Flucht nach Straßburg; hatte ich garnicht vor, wollte eigentlich
über die Route des Cretes weiter südwärts radeln ... grummel ... Aber nun war
ich schonmal da und konnte mir genauso gut dieses nette Städtchen (mal wieder)
anschauen. Zelte gabs da auch, hoffentlich wird das jetzt eine längere
Zusammenarbeit.
Und nu? Tja, wo wir schon mal am Rhein sind, da mache ich es mir doch einfach
und suche nebenbei mal wieder meine Traumstadt auf: ab nach Freiburg! Das ging
dann auch flott vom Fuß, und so traf ich gestern hier ein und durfte heute
Nacht gleich mein neues Zelt mit einem der heftigsten Gewitter einweihen, die
ich je in so ner Plastikhütte erleben durfte. Aber am Morgen stand noch alles,
und so scheint alles im Lot; allerdings sind für die nächsten Tage weitere
Gewitter angemeldet, schaun mer mal .... Morgen werd ich noch ein bisserl
Freiburg erkunden, tja, und dann wirds so allmählich ernst, dann wartet das fränkische
Jura und dahinter gleich die Ausläufer der Westalpen.
Also, kleine Zusammenfassung und gleichzeitig Empfehlung: Wer mal die Saar und
dann ggf. die diversen Kanäle im Norden der Vogesen erkunden will (denen ich ja
bis Straßburg folgen konnte), der wird eine ruhige und faszinierende Landschaft
erleben, zwar ohne besondere Höhepunkte, aber wunderschön ...
22.06.2008
Nach
der letzten Mail ging es ziemlich hoch her, und das nicht nur im übertragenen
Sinne. Ein bisserl konnte ich es noch ruhig angehen lassen, der Abend nach
Freiburg fand mich am Dreiländereck gegenüber Basel vor - noch bei guten
Wetter. Das änderte sich allerdings schlagartig am nächsten Morgen: Dicke
Wolken drohten von oben, was mir aufgrund der damit einhergehenden kühlen
Witterung anfangs ja noch ganz recht war, denn die Strecke schraubte sich nun
permanent Richtung Himmelsgewölbe. Gegen Mittag passierte ich die Schweizer
Grenze, gleichzeitig öffneten sich die Himmelsschleusen - Abfahrt im Regen. Nun
ging es auf einen steilen Pass wieder Richtung Frankreich und St. Hippolyte
(eine fantastische kleine Stadt), bei dem Dauergeplätscher nicht gerade ne
angenehme Sache. Auch am Abend nieselte es vor sich hin, aber nach dem
Tag hatte ich eh keine Lust mehr, aus dem Zelt zu kriechen.
Am
nächsten Tag folgte ich, auch wieder allmählich aufsteigend, einem
fantastischen Bach, eine absolut einsame Fahrt, allerdings im ... äh, um es
kurz zu machen, es regnete auch heute und am nächsten Tag nahezu
ununterbrochen, einfach bäh. Wieder gegen Mittag gabs den nächsten Hammer auf
die Beine, bis auf 1.100 m Höhe durften ich arbeiten, dann wieder kalte und
nasse Abfahrt, uff.
Dritter
Tag im französischen Jura: Der regen bleibt, dafür fangen die harten
Steigungen schon am Morgen an: Ich habe mich zur Flucht Richtung Schweiz
entschieden, doch dafür muss ich erst mal die Grenzberge überwinden. Wieder
ein bisserl höher als gestern, wieder nass und kalt, und auch am Nachmittag
darf ich noch schuften, weil die Strecke nach St. Croix unerwartet steil ist
(aber schön, so wie die ganzen "nassen" Tage, Frust und Freude
hielten sich wirklich die Waage). Ankunft in St. Croix, runter zu Lac de
Neuchatel, rund 700 Höhenmeter in einer halben Stunde, die unter anderem meine
Schuhe endgültig geflutet haben, aber, Jubel, Jubel, hinein in die Sonne!
Einen
Tag zum Trocknen und Träumen hab ich mir natürlich gegönnt, dann gings rüber
zum Genfer See und die schon zu Hause geplante Seen-Umkreisung. Tja, was soll
ich sagen, vielleicht: Genfer See und Geld haben nicht nur die ersten beiden
Buchstaben gemeinsam ... Natürlich ist es das reinste Protz-Paradies, aber
wunderschön ... bisschen weniger Verkehr wäre allerdings noch schöner.
Heiß
ist es mittlerweile, über 30 Grad, mal schauen, wie ich die nächsten Tag in
und auf den Alpen überstehe. Der weitere Weg führt über Grenoble zum Grand
Canyon du Verdon, so dass ich in ca. 4-5 Tagen endgültig in Südfrankreich
gelandet sein werde. Ein hammerharter Tag ist dabei, quasi die Schlüsselstelle:
über hundert KM lang und 1.200 Meter Höhenunterschied bis zur Passhöhe, naja,
früh aufstehen halt ...
04.07.2008
Endlich
gibts - hier in Arles - mal wieder ein Internet Café, irgendwie sind die
Franzosen nicht so üppig damit ausgestattet. Jedenfalls ist heute erst mal
ausruhen angesagt, seit Genf gings ganz schön rund - bzw. rauf und runter. Es
waren nicht die ganz hohen Alpenpässe, die ich mir gegönnt habe, aber es war
genug Spaß dabei; so etwa 1.500 Höhenmeter pro Tag (bis auf einer ruhigeren
Etappe nach Grenoble) durften es dann schon sein. Ein bisserl problematischer
war dann auch eher das allzu gute Wetter, manchmal war ich mehr mit Flüssigkeitsausgabe
und Eingabe (Schweiß abwischen und Trinken) als mit Radeln beschäftigt.
Dann
endlich - aah, Grand Canyon du Verdon, es folgte eine unglaublich schöne Etappe
hoch über der Schlucht und dann eine rauschende Abfahrt hinunter Richtung
Mittelmeer; aber nicht ganz bis dahin, der Trubel an der Küste ist nix für
radelnde Ruhesuchende.
Die
nächsten Tage werden etwas gemütlicher sein, dann steh ich vor den Pyrenäen -
die werden allerdings lange nicht so heftig wie das, was hinter mir liegt (was
aber ganz gewiss die Anstrengungen gelohnt hat). Man kann also sagen, jetzt
kommt der gemütliche Teil ;-)
16.07.2008
Jo,
hat soweit ganz gut geklappt, nur das Wetter hats mal wieder ein bisserl auf
mich abgesehen; zunächst allerdings folgten tatsächlich einige eher gemütliche
Tage bis Carcassonne, u.a. neben dem faszinierenden Canal du Midi, dann natürlich
ein genussreiches Umhertaumeln in der mittelalterlichen Cite ... das wars dann
zum Thema Erholung, die nächsten 6 Tage gabs dann wieder Steigungen satt und
mittendrin einen derartigen Dauerregen, dass ich Mittags fluchtartig in das nächste
Hotel gestürmt bin. Das war am letzten Samstag, seitdem herrscht allerdings
wieder Prachtwetter; nicht mehr ganz so heiß wie in der Provence. Und
landschaftlich wars ein einziger Hochgenuss ... fast wehmütig stand ich gestern
oben auf dem letzten Pass der Pyrenäen und damit dieser Tour.
Nun sitz ich hier nahe Biarritz (das ich ganz bestimmt NICHT aufsuchen werde) in
nem angenehmen kleinen Ort und kann den Atlantik quasi schon riechen; laut
meinem Radlführer solls ein recht eintönige Fahrt bis in den Dunstbereich der
Bretagne werden, also genau das, was ich jetzt, zum Relaxen gut gebrauchen kann
- schaun mer mal ;-)
Ach ja, falls die Mail erstaunlich kurz ausfallen: DIE FRANZOESISCHE TASTUR
NERVT !!!
21.07.2008
Langsam
hab ichs raus, wie man hier so ans Internet kommt ... bin jetzt in Rochefort,
also so langsam im südlichen Bereich der Bretagne; War ne witzige Fahrt
hierher, viele Radwege, Strand und Pinienwälder ohne Ende, aber tatsächlich
herrlich entspannend und abschließend die Fähre über die Gironde-Muendung -
war schon fast ne Meeres-Überquerung.
tja, noch ein bisserl Bretagne also und Normandie. weiß noch nicht genau, wo
ich Schluss mache, aber länger als 4 Wochen wirds wohl nicht mehr dauern ...
31.07.2008
Nun
bin ich mittlerweile endgültig dem Süden Frankreichs entronnen und habe mich
in den letzten Tagen ein bisserl mit der Bretagne befasst. Zunächst also der
Vorstoß nach Westen, mehr oder weniger der Südküste folgend, bis dann die
Gegend kam, in der damals Obelix den großen Arbeitsanfall bekam - Carnac. Nach
gebührender Bewunderung der größten Hinkelsteine beschloss ich, dem
grausligen Verkehr im Küstenbereich den gebeugten Rücken zu kehren und wandte
mich schnuckeligen kleinen Straßen zu, die mich nordwärts und nun bis hierher
nach Lannion führten, dem Zentralort der "Küste der granitenen
Rosen"; bin gespannt, was sich dahinter verbirgt.
Die
letzten Tage waren etwas ruhiger von den Aussichten her, wenn auch schön zu
fahren, ich denke, jetzt wirds nochmal einen letzten Schub der großen
Attraktionen geben (Nicht, dass es in Anbetracht der geradezu umwerfenden
Erfahrungen der bisherigen Tour noch nötig wäre ...)
Tja,
dann gehts in den nächsten Tagen via S. Marlo und Mont S.Michel auf relativ
geradem Weg durch die Normandie und dann hin zum Schlusspunkt, den ich dann
wahrscheinlich in Ostende per Bahn setze.
13.08.2008
Nun
haben die Stürme von Frankreichs Südwest-Küste mich doch tatsächlich sauber
wieder hierhin gefegt, und so bin ich Sonntagnacht nach einer doch recht
ausgedehnten Bahn-Odyssee (Von wegen: Vereinigtes Europa) wieder im Rheinland
angelangt.
Tja,
die (Nord)Küste der Bretagne ... eigentlich wars genauso, wie ich es mir
vorgestellt hatte: Spektakulär, schwer - und laut, die Autokolonnen waren
gigantisch. Ab und zu hat es den Spaß an den fantastischen Aussichten dann doch
ein bisserl getrübt, und als ich dann St. Malo und Michaels Berg hinter mir
hatte, hieß es dann: Auf geradem Weg Richtung Calais, das sollte dann endgültig
der Schlusspunkt sein. Es wurde ein würdiger Abschluss, nach den schönen, aber
stinkigen Tagen am Meer gabs halt noch eine radeltechnisch wundervolle Etappe
auf den ruhigen Straßen und in den rustikalen Dörfern der Normandie.
Etwas
spannend wurde es zum Schluss noch, mein sonst so zuverlässiges Radl war dieses
Mal offensichtlich mit einer schlecht gelaunten Kette ausgerüstet, die mir
bereits seit einigen Wochen etwas Kopfzerbrechen machte. Drei Tage vor Calais
war es dann soweit, sie rutschte pausenlos durch und es hielt sie auch nicht
mehr auf dem Ritzel, so gedehnt war sie mittlerweile. Also durfte ich technisch
eher unbedarfte Typ sich mit dem kürzen der Kette beschäftigen, natürlich
mitten auf einer Durchgangsstraße. OK, Kettenglied rausgenommen, neu genietet -
und nun war sie zu KURZ! Aber mit Hilfe einer nahgelegenen Werkstatt und etwas
brutalem Durchgreifen rückte das Eisenteil dann doch wieder an seinen rechtmäßigen
Platz, stand jetzt natürlich ungeheuer unter Spannung. Man kann sich
vorstellen, dass die sich auch auf mich übertrug, und an den folgenden Tagen
rechnete ich eigentlich jeden Augenblick mit dem finalen Bruch. Aber nix da,
auch die letzten Steigungen kurz vor Calais wurden brav genommen, und das war
dann unter diesen Umständen schon so was wie ne Erlösung.
Das Abenteuer ist zu Ende, es wird noch einige Zeit dauern, bis ich alles "ordnungsgemäß" verarbeitet habe und mich WIRKLICH wieder im Alltag zurecht finde (arbeiten soll helfen), nur eins weiß ich jetzt schon: Genau so sollte es sein, es war guuuuut ...